Lockdown für Kultur in Sachsen

Liebe Theaterfreunde,

ich muss mich revidieren. Vor wenigen Tagen äußerte ich noch meine Zuversicht, dass man mit „2G plus-Regeln“ die Theater und Kulturstätten offenhalten wird. Bei Einhaltung aller Regeln und entsprechender Vorsicht sollte unser Gerhart-Hauptmann-Theater die Advents- und Weihnachtszeit wieder mit dem Weihnachtskonzert, einem Märchen und anderen Highlights bereichern können. Doch am letzten Wochenende wurde klar: Die Sächsische Landesregierung hat unter Nutzung der Möglichkeiten des nur noch wenige Tage geltenden Infektionsschutzgesetzes die Reißleine gezogen und harte Maßnahmen in einer Corona-Notfallverordnung beschlossen. Die Schließung von Kultur-, Sport- und Beherbergungsbetrieben schon ab Montag hatte ich so nicht erwartet. Sachsen geht damit weiter als die Festlegungen in Bayern und anderen Bundesländern mit ähnlicher Lage. Die Regelungen gelten zunächst bis zum 12. Dezember. Die Theater und Museen schreiben das auf ihren Webseiten. Aber wird ab 13. 12. alles anders, werden die Kultureinrichtungen wieder öffnen dürfen? Die neuen gesetzlichen Regelungen des Bundes geben den Ländern und dem Bund weniger Möglichkeiten. Jedoch wird von vielen Landesvätern eine Überarbeitung des gerade beschlossenen Gesetzes schon gefordert und ist wohl absehbar. Alles offen also!

So groß die Sehnsucht einerseits nach den kulturellen Angeboten ist, so beängstigend ist aber auch die Situation in der 4. Welle der Corona-Pandemie – gerade in Sachsen. Die Infektionszahlen steigen weiter ungebremst, die Krankenhäuser sind am Limit. Bald können keine Patienten – ob mit Covid oder Herzinfarkt – mehr aufgenommen werden.  Eine Entspannung ist nicht in Sicht. Wie geht man damit um? Ich persönlich denke, eine Reduzierung der Kontakte in allen möglichen Bereichen ist tatsächlich erforderlich. Auch Geimpfte können infiziert werden und das Virus weitergeben. Auf der völlig sicheren Seite ist auch mit 2 G niemand. Mehr Sicherheit herstellen mit Impfen, Boostern und Testen ist das Gebot. Schnelle Erfolge bringt dies aber nicht, so dass die Kontaktreduzierung in der ernsten Lage das beste Instrument ist.

Man kann bedauern, dass es wieder die Kultur zuerst trifft und sie der Politik in der Krise am meisten verzichtbar erscheint. Dem ist ja gewiss nicht so. Gerade wir Theaterfreunde setzen uns beständig dafür ein, die kulturelle Bildung besonders an die Jugend heran zu tragen und den Menschen jedes Alters mit kulturellen Erlebnissen neue Horizonte zu öffnen und Freude zu bringen. Man kann sich also nur wünschen, dass die Theater und Konzerthäuser bald wieder öffnen! Zugleich muss ich zur Kenntnis nehmen, dass die Impfrate unter den Künstlern und Mitarbeitern z.B. an der Semperoper gering ist, Vorstellungen wegen Infektionen abgesagt werden mussten und das Haus – wie auch das Staatsschauspiel – schon vorzeitig selbst schlossen (siehe SZ vom 23.11.21). Wie soll man das werten? Ich denke so: Kulturbetriebe sind ein Teil der Gesellschaft und spiegeln alle Facetten wider, ebenso wie die Polizei, die Ämter, die Unternehmen… Wir alle müssen die Last der Pandemie tragen und durch Handeln zu ihrer Bekämpfung beitragen. Niemand ist nur ein „Opfer“ der politischen Maßnahmen, sondern zugleich auch ein Mitverursacher. So muss jeder an seinem Platz, ob im Beruf, in der Familie, im Freundeskreis und in der Freizeit für die Eindämmung der Corona-Pandemie sorgen. Sonst gehen wir auch im nächsten Jahr – nach einem hoffentlich schönen Sommer – wieder in einer neuen Welle unter!

Das meint Ihre

Prof. Dr. Bärbel Fliegel